In den vergangenen Monaten wurde unsere ursprüngliche Stellungnahme zu der Strafverteidigung von Neonazis durch linke Anwält*innen innerhalb des akj vermehrt kritisiert und der Wunsch nach einer erneuten Auseinandersetzung mit der Thematik laut. Eineinhalb Jahre nach der Veröffentlichung der Stellungnahme sieht der Arbeitskreis kritischer Jurist*innen Freiburg sich zu der nachfolgenden neuen Stellungnahme veranlasst.
Der akj Freiburg lehnt die freiwillige Übernahme der strafrechtlichen Verteidigung faschistischer Taten durch linke Anwält*innen ab.
Dabei fordern wir keine politische Justiz. Denn rechtsstaatliche Grundsätze gelten auch zugunsten von Faschist*innen. Wir sprechen dem*der Angeklagten nicht die Menschenwürde ab.
Aber wir gewähren dem Faschismus und seinen Verteidiger*innen keinen politikfreien Raum.
Wir verstehen es als Aufgabe kritischer Jurist*innen, die Wirkung ihres Handelns auch dann noch kritisch zu reflektieren, wenn sie sich beispielsweise gegen die Strafverfolgung als Ausdruck staatlicher Repression und Herrschaftsgewalt richten. Was in dem einen Verfahren eine emanzipatorische Strafverteidigung darstellt, kann in einem anderen Verfahren politisch blind sein. Auftretende Widersprüche müssen stets und immer aufs Neue aufgelöst werden. Eine kritische Rechtswissenschaft und -praxis kennt keinen Selbstzweck und darf den politischen Kontext ihres Handelns nie aus dem Blick verlieren.
Die strafrechtliche Verfolgung faschistischer Taten zeigt dies besonders deutlich. Der Faschismus richtet politisch motivierte Gewalt gegen Menschen und gegen eine emanzipierte Gesellschaft. Effektive Strafverteidigung kann bedeuten, eine solche Gewalttat aus ihrem gesellschaftlichen und politischen Kontext herauszulösen. Eine solche Dekonstruktion faschistischer Taten kann jedoch nicht die Aufgabe eines*einer linken Strafverteidiger*in sein.
Wir halten es daher für eine politische Notwendigkeit, die eigene Kraft darauf zu verwenden, die politische Dimension der faschistischen Tat in den Vordergrund zu stellen. Dagegen muss die Geltung rechtsstaatlicher Grundsätze hier nicht besonders verteidigt werden, da sie als selbstverständlich vorausgesetzt werden darf. Nicht deren Geltung für Faschist*innen steht in Frage, sondern der Faschismus stellt deren Geltung selbst in Frage.
Faschist*innen bekämpfen unsere Gesellschaft.
Wir bekämpfen Faschist*innen.
Auch und gerade vor Gericht.
Wir halten es für einen Fehler, im Sommer 2012 an Tina Gröbmayrs Moderation der akj-Veranstaltung “Strafrechtskritik aus der Praxis” festgehalten zu haben. Seitdem ist Tina nicht mehr im akj Freiburg aktiv. Dennoch distanzieren wir uns von ihrer freiwilligen Mitarbeit an der Verteidigung von Florian Stech.
akj Freiburg, 29.1.2014