„Demonstration für eine gerechte Bildungspolitik“ zum CDU-Landesparteitag
Anlässlich der vom u-asta in Verbindung mit Schülerrat und Gewerkschaften am 17.11 veranstalteten „Demonstration für eine gerechte Bildungspolitik“ führte der akj (Arbeitskreis kritischer Juristinnen und Juristen) eine Demobeobachtung durch. Der durch die Innenstadt führende Demonstrationszug mit ungefähr 400 TeilnehmerInnen verlief, ebenso wie die sich anschließende Fahrradkolonne zur neuen Messe, weitgehend friedlich. Dort hatte zuvor der CDU-Parteitag stattgefunden.
Zu kritisieren sind die im Vorfeld erlassenen Auflagen des Ordungsamtes, die dann auch zum großen Teil im vorläufigen Rechtsschutz vom Verwaltungsgericht Freiburg aufgehoben wurden. Beispielsweise sollten die Lautsprecher auf 60 dB beschränkt werden, was ungefähr einem Fernseher auf Zimmerlautstärke entspricht. Hierdurch könnte weder eine Kommunikation innerhalb der Demonstration, noch die grundrechtlich geschützte Kundgabe des Demonstrationsanliegens nach außen gewährleistet werden.
Weiterhin sollte der Veranstalter dafür Sorge tragen, dass anliegende Schaufenster jederzeit unverdeckt und frei zugänglich sind. Dass derart restriktive Auflagen vor dem Verwaltungsgericht keinen Bestand haben konnten, hätte auch dem Ordungsamt klar sein müssen. Diese Auflagen haben nichts mit der Realität einer Demonstration zu tun und würden eine unzulässige Einschränkung der Demonstrationsfreiheit bedeuten.
Die DemonstrationsteilnehmerInnen versammelten sich ab 13:00 Uhr in der Eisenbahnstraße gegenüber der CDU-Kreisgeschäftsstelle. Die Polizei war zu diesem Zeitpunkt bereits mit mehreren Zügen der Bereitschaftspolizei präsent. Der Verstoß gegen die fragwürdige Auflage, nur Livemusik, nicht aber Musik vom Band spielen zu dürfen, wurde begrüßenswerterweise nicht sanktioniert. Schon nach wenigen Metern, die der Demonstrationszug zurückgelegt hatte, flogen einige Feuerwerkskörper auf die Polizei. Die Polizei reagierte verhältnismäßig ruhig und suchte den Kontakt zum Veranstalter. Ohne weitere Konsequenzen konnte die Demonstration alsbald weiterziehen. Im Verlauf wurden jedoch weitere Einsatzkräfte, unter anderem eine Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) der Bereitschaftspolizei, hinzugezogen, welche zunächst einigen Abstand zur Demonstration hielt. Zu einem weiteren Zwischenfall kam es am Martinstor, nachdem der Zug über den Rotteckring und die Rempartstraße unproblematisch verlaufen war. Als aus der Demonstration drei Farbbeutel gegen Gebäude geworfen wurden, umschlossen die Polizeikräfte den Teil der Demonstration, aus dem die Würfe vermutet wurden. Aus rechtlicher Sicht war zu diesem Zeitpunkt die Maßnahme verhältnismäßig. Allerdings kam es aufgrund der Einschließung zu Rangeleien, nachdem versucht wurde die Demonstration fortzusetzen. Auf Seiten der Polizei versuchte man, die den Block umschließenden Transparente an sich zu bringen und trat vereinzelt in die Demonstration. Der Veranstalter wollte daraufhin die Werfer auschließen. Nach der Duchsage der Polizei sollte daraufhin ein unbestimmter Personenkreis ausgeschlossen werden, der als „Antifa“ bezeichnet wurde. Der Ausschluss konnte aufgrund dieser Unbestimmtheit und einer Solidiarisierung vieler VersammlungsteilnehmerInnen faktisch nicht umgesetzt werden. Der dann versuchte Ausschluss der WerferInnen scheiterte daran, dass diese nicht identifiziert werden konnten. Daher beschloss die Polizei, die gesamte Demo die letzten 200 Meter zum Regierungspräsidium weiterziehen zu lassen. Dort wurde nach der Abschlusskundgebung, zu der sich die Polizeikräfte zurückzogen, die Versammlung vom Veranstalter aufgelöst. Allerdings blieb der Kamerawagen während der gesamten Kundgebung präsent, außerdem kreiste ein Polizeihubschrauber über der Versammlung.
Nach Beendigung der Versammlung wurde jedoch willkürlich eine Personengruppe, die mit Schildern vor dem Kamerawagen stand, zur Identitätskontrolle festgehalten. Die Begründung, es handele sich bei der Gruppe um die FarbeutelwerferInnen, traf offensichtlich nicht zu. Die Maßnahme erscheint bereits deshalb fragwürdig, weil sie nicht einmal geeignet war, die WerferInnen zu identfizieren. Außerdem muss die Polizei auch bei der Abreise von der aufgelösten Kundgebung, insbesondere wenn sich unmittelbar eine Fahrradkolonne als weitere Versammlung anschließt, die Versammlungsfreiheit aus Artikel 8 beachten. Eine Personalienkontrolle schreckt aber von der Wahrnehmung dieses Rechts ab.
Die anschließende Fahrraddemonstration konnte aufgrund der Personalienaufnahme erst verspätet starten, verlief aber dann trotz einer Routenänderung ohne nennenswerte Zwischenfälle. Gleiches gilt für die Abschlusskundgebung an der neuen Messe, wo der CDU-Parteitag allerdings schon beendet war.
Kritisch zu beurteilen war auch diesmal der Einsatz von Kameras auf Seiten der Polizei. Die Praxis, Kundgebungen standardmäßig zu filmen, wie im konkreten Fall die Abschlusskundgebung, bleibt unter Berücksichtigung einschlägiger gerichtlicher Entscheidungen rechtlich zweifelhaft. Die konkrete Verwendung der Aufnahmen kann dabei außen vor bleiben, für den abschreckenden Charakter reicht allein, dass der Einruck einer ständigen Dokumentation hervorgerufen wird.
Auch die ritualisierte Begleitung von Demonstrationen durch voll ausgerüstete Bereitschaftspolizei erweckt den falschen Eindruck einer besonders gefährlichen Veranstaltung. Insgesamt aber war der Wille zur Deeskalation seitens der Einsatzleitung der Polizei erkennbar. Eine Beobachtung der Demonstration war ohne Einschränkungen möglich.