Demobeobachtung zur Demonstration „NO G20 – Die Krise heißt Kapitalismus!“
Auf Anfrage der VeranstalterInnen war der Arbeitskreis kritischer Juristinnen und Juristen (akj) Freiburg am 5. November vor Ort, um die Demonstration „NO G20 – Die Krise heißt Kapitalismus!“ zu beobachten. Anlass der Demonstration war der G20-Gipfel, der kurz vorher im französischen Cannes stattgefunden hatte. Zur Demonstration aufgerufen hatten verschiedene Gruppierungen. Die Demonstration war unserer Kenntnis nach bei der Versammlungsbehörde nicht angemeldet.
Die Dokumentation der Versammlung durch die DemobeobachterInnen des akj war ohne Einschränkungen möglich und ergab folgendes Bild:
Die Demonstration bewegte sich auf der im Vorfeld von den VeranstalterInnen geplanten Route. Nach einer kurzen Auftaktkundgebung am Platz der Alten Synagoge setzte sich die Demonstration Richtung Süden in Bewegung und zog durch die Rempartstraße auf die Kaiser-Joseph-Straße. Dort fand am Bertoldsbrunnen die erste Zwischenkundgebung statt.
Anschließend bewegte sich der Demonstrationszug in Richtung Siegesdenkmal weiter, um dort auf den Friedrichring abzubiegen. Am Hauptbahnhof fand eine zweite Zwischenkundgebung statt. Der Zug bog schließlich in die Willhelmstraße ab, wo die Demonstration dann von den VeranstalterInnen aufgelöst wurde.
Die Demonstration verlief sowohl von TeilnehmerInnenseite als auch seitens der Polizeikräfte friedlich. Während der hintere Teil der Demonstation nur von einem lockeren Polizeiaufgebot begleitet wurde, war im ersten Drittel der Demonstration die Polizeibegleitung massiv. Ab dem Einbiegen auf die Kaiser-Joseph-Straße bildeten die PolizistInnen, die im Abstand von einem halben Meter hintereinander liefen, an den Seiten dieses Demonstrationsteiles eine Kette. Die Transparente der Demonstranten waren in diesem Abschnitt hierdurch verdeckt und damit für Außenstehende nicht erkennbar. Vor der Demonstration liefen im Abstand von etwa zehn Metern eine – zwischenzeitlich auch zwei – Polizeiketten.
An „neuralgischen Punkten“, vor allem bei der Zwischenkundgebung am Hauptbahnhof, war ein nochmals verstärktes Polizeiaufgebot zu beobachten.
Dort wurden TeilnehmerInnen der Demonstration auch teilweise am Verlassen des Demonstrationszuges in Richtung Bahnhofshalle gehindert. Zudem forderten PolizeibeamtInnen hier eine strikte Einhaltung einer “Demonstrationslinie”. Zu beobachten waren diesbezügliche Diskussionen zwischen TeilnehmerInnen und PolizeibeamtInnen. Obwohl beide Fahrspuren gesperrt waren, wurden vereinzelt TeilnehmerInnen von PolizeibeamtInnen soweit zurückgedrängt, dass nur eine Fahrspur von der Demonstration belegt war.
Erfreulicherweise konnten die akj-Demobeobachtungteams einen – vor allem im Vergleich zu früheren Demonstrationen – geringen Einsatz von Kameras seitens der Polizei beobachten. Vereinzelt hatten die Kamerateams der Polizei ihre Aufnahmegeräte auf die Demonstration gerichtet, obwohl zu keinem Zeitpunkt ein Anlass hierfür bestanden hatte. Es war jedoch nicht zu erkennen, ob auch Aufnahmen gemacht wurden.
Insgesamt konnte der akj eine nahezu gewaltfreie Demonstration beobachten, bei der die TeilnehmerInnen ihr Grundrecht auf Versammlungsfreiheit weitgehend ungehindert wahrnehmen konnten. Es ist allerdings anzumerken, dass für DemonstrantInnen bereits dann ein einschüchternder Effekt zu verzeichnen ist, wenn diese das das Gefühl haben müssen, dass ihr Verhalten auf Video aufgezeichnet wird. Das Verhalten der Videoteams der Polizei ist daher weiterhin verbesserungsbedürftig, um niemanden von der vollen Wahrnehmung seiner grundrechtlich geschützten Freiheiten abzuhalten.
Zu kritisieren ist ebenfalls die massive Polizeipräsenz am vorderen Drittel der Demonstration. Hierdurch wurde die Außenwirkung dieses Teilbereichs stark eingeschränkt. Aufgrund der Dichte der Polizeikräfte in Kombination mit deren Bekleidung mit Körperprotektoren ergab sich für die außenstehenden PassantInnen ein einschüchterndes Bild einer gefährlichen Demonstration. So wurden die Demobeobachtungsteams vereinzelt von PassantInnen angesprochen, die über das Polizeiaufgebot entsetzt waren. Da die Demonstrationsfreiheit über das bloße Versammeln hinaus auch die Wirkung einer Demonstration nach außen hin umfasst, ist erneut an die Polizei zu appellieren, diesen grundrechtlichen Schutz ernst zu nehmen.
akj Freiburg, 9.11.2011