Stoppt den Link-Extremismus aus Karlsruhe!
Der Arbeitskreis kritischer Jurist:innen Freiburg verurteilt die Durchsuchungen der Privatwohnungen zweier Mitarbeitenden von Radio Dreyeckland (RDL) und die versuchte Durchsuchung der Geschäftsräume und solidarisiert sich mit den betroffenen Medienschaffenden.
Anlass der Durchsuchungen vom 17.01.23 war ein Artikel auf der RDL-Website vom Juli 2022, in dem über die Einstellung eines Ermittlungsverfahrens in der Sache linksunten.indymedia berichtet und in diesem Zuge auch auf den Link zum öffentlich zugänglichen Web-Archiv des 2017 verbotenen “Vereins” verwiesen wurde (“Im Internet findet sich linksunten.indymedia.org als Archivseite.”). In der Zusammenschau mit dem (journalistisch kontextualisierten) Bild eines Graffiti “Wir sind alle linksunten” mache sich RDL nach Auffassung der Staatsanwaltschaft Karlsruhe zum “Sprachrohr” und “verlängerten Arm” von linksunten.indymedia, was den Anfangsverdacht des Verstoßes gegen ein Vereinigungsverbot nach § 85 StGB begründe.
Die von der Staatsanwaltschaft Karlsruhe angeordnete Durchsuchung ist augenscheinlich unverhältnismäßig, ihre Begründung konstruiert: Wo bereits der Verweis auf einen Link einen Straftatverdacht begründen soll, wird eine umfassende Berichterstattung unmöglich gemacht und damit besonders tief in die durch Art. 5 GG geschützte Pressefreiheit eingegriffen. Auch die gleichermaßen geschützte Rundfunkfreiheit ist betroffen, wenn wie hier eine Durchsuchung des Studios und Beschlagnahme der Geräte von RDL nur verhindert werden konnte, indem einer der Redakteure in dieser Zwangslage seine Autorenschaft bestätigte. Außerdem stellen Hausdurchsuchungen stets einen Eingriff in die Unverletzlichkeit der Wohnung aus Art. 13 GG dar.
Selbst wer (verfehlt) die Strafbarkeit eines solchen Verweises annimmt, kann nicht umhin, die Absurdität einer Durchsuchung anzuerkennen, die vermeintlich dem Ziel dient, die Identität des Artikelverfassers zu ermitteln – obwohl dieser von der Polizei bereits durch das Namenskürzel unter dem Artikel identifiziert wurde.
Ob die enorm eingriffsintensive und damit besonders rechtfertigungsbedürftige Maßnahme einer gerichtlichen Kontrolle standhält, ist daher stark zu bezweifeln.
Vor diesem Hintergrund drängt sich der Schluss auf, dass die Durchsuchungen der Informationsgewinnung über linke Strukturen und der Einschüchterung und Disziplinierung kritischer Journalist:innen dienen.
Rechtswidrige Hausdurchsuchungen sind dabei keine Seltenheit. Gegebenenfalls gefundene Beweise werden von Gerichten regelmäßig als verwertbar befunden; wer die Maßnahme anordnet, hat quasi keine (dienst-)rechtlichen Konsequenzen zu befürchten.
Die Maßnahme atmet damit denselben repressiven Geist wie das zugrundeliegende Verbot von der Nachrichtenplattform linksunten.indymedia:
Um ein solches zu erwirken, wurde 2017 der lose Personenzusammenschluss hinter einer Open-Posting-Plattform unter Missbrauch des Vereinsrecht als Verein deklariert und anschließend verboten, statt im Einklang mit der Pressefreiheit die Löschung einzelner strafrechtlich relevanter Beiträge zu erwirken. Eine diesbezügliche Verfassungsbeschwerde ist in Karlsruhe anhängig.
Auch reiht sich die vergangene Durchsuchung nahtlos in eine Historie der Willkür ein. Ermittlungsverfahren wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung nach § 129 StGB wurden nach fünf Jahren mangels Beweise eingestellt, die mit dem “Vereins”verbot im Zusammenhang stehende Razzia im autonomen Zentrum KTS wurde vom VGH für rechtswidrig erklärt, gleiches gilt für die Briefbeschlagnahme zweier mit linksunten in Verbindung gebrachter Personen.
Dass die Durchsuchungen dennoch unter fadenscheinigen Gründen angeordnet und von einer Richterin genehmigt wurden, zeigt, wie locker die rechtsstaatlichen Zügel in der Hand gehalten werden und wie wenig Scheu vor wiederholter Überschreitung rechtlicher roter Linien besteht.
Die Antwort auf derartige Repression und Kriminalisierung linken Journalismus kann daher keine rein rechtliche sein, sondern muss in umfassender gesellschaftlicher Solidarität bestehen.
Unsere Solidarität gegen ihre Repression!
Wir sind alle Radio Dreyeckland!
akj Freiburg, 22.01.23