“Bitte kommen Sie zu dieser Abstimmung und stimmen Sie für diese beiden Anträge [des Dekanats], um die Finanzierung ihrer Examensvorbereitung zu sichern.” Diese Nachricht erhielten Teilnehmende eines WuV-Kurses über den ILIAS-Verteiler. Die Message ist klar: Wenn der Vergabevorschlag des Dekanats nicht gewählt wird, wird eure Examensvorbereitung schlechter finanziert sein, werdet ihr schlechter auf das Examen vorbereitet sein, wird sich euer Studium potenziell verlängern. Doch ist das eigentlich so?
Die Vorbereitung auf die erste juristische Prüfung zählt zu den Kernaufgaben unserer Fakultät, ist wahrscheinlich sogar DIE Kernaufgabe. Denn ohne ein abgeschlossenes Examen sind die 4-6 Jahre Studium bisher mangels integriertem Bachelor wertlos. Gleichwohl scheint dies von Seiten des Dekanats weitaus kontroverser gesehen zu werden. Mangels gesetzlicher Verpflichtung zum Angebot eines Ex-o-Rep-Programms scheint ein solches als nettes Zusatzangebot angesehen zu werden, das – wenn überhaupt – nicht aus der Fakultätskasse, sondern zu großen Teilen aus dem Budget finanziert werden soll, über das die Studierenden selbst entscheiden. Dabei ist der Zweck des Studierendenvorschlagsbudgets doch gerade nicht die Finanzierung von Kernaufgaben einer Fakultät, sondern die Honorierung von guter Lehre und zusätzlichen Angeboten, die über das Minimum hinausgehen.
Mit solchen Anträgen haben wir es auch in diesem Jahr größtenteils zu tun. Die Erstsemestertutorate bieten Studiumsanfänger*innen eine gute Möglichkeit, mit dem Studiumsalltag vertraut zu werden. Die Klausurenklinik bietet eine in unserem Studium leider seltene Gelegenheit, ausführliches Feedback zu eigenen Klausuren zu bekommen. Durch das Probeexamen können Kandidat*innen sich mit den Prüfungsbedingungen vertraut machen. Einzelne Ex-o-Rep-Angebote und Maßnahmen über das SVB zu finanzieren, die über WuV-Kurse, Samstagsklausuren und kleinere Hilfen wie Lerngruppenkoordination und Musterlernpläne hinausgehen, entspricht voll und ganz dem Zweck des SVB und ist unterstützenswert. Doch den mit 49.000 € weitaus größten Posten beantragt das Dekanat für die Koordination des Ex-o-Reps, fast die Hälfte der unserem Fachbereich zur Verfügung stehenden Summe. Die Koordination und Verwaltung des Programms muss jedoch dem Minimum zugerechnet werden, das die Fakultät als ihre Kernaufgabe selbst zu stemmen hat. Ein Ex-o-Rep-Programm muss es geben, damit das Studium der Rechtswissenschaften unabhängig vom Geldbeutel möglich ist und nicht am kommerziellen Repetitorium scheitert.
Die Fakultät rühmt sich mit dem universitären Repetitorium unter anderem in ihrem neuen, mehrere 10.000 € teuren Imagefilm, der abgesehen davon das juristische Studium in Freiburg nicht besonders realistisch darstellt. Dass das Dekanat das Programm trotzdem jedes Jahr erneut aufs Spiel setzen und über das unsichere SVB finanzieren möchte, ist unverständlich. Stattdessen möchte es lieber Projekte, die dem Zweck des SVB am meisten entsprechen, ganz oder teilweise aus der Finanzierung drängen. Neben dem Mental Skills Programm zählt dazu insbesondere Jurcoach, um dessen Budget jedes Jahr gestritten wird. Jurcoach ist, abgesehen von einzelnen Vorlesungsaufzeichnungen, das einzige Angebot echter digitaler Lehre an unserer Fakultät, mit der sie sich im Übrigen ebenfalls im Imagefilm rühmt. Auf ein so umfangreiches und vielfältiges Tool, das zur Lernunterstützung vom ersten Semester bis zum Examen verwendet werden kann, könnte die Fakultät sehr stolz sein. Stattdessen wurde Jurcoach in der Vergangenheit wenig Wertschätzung entgegengebracht und mehrfach versucht, auf eine Kürzung des Programms hinzuwirken.
Der Vergabevorschlag “Kern des SVB” nimmt leichte Kürzungen an den Posten, die als Kernaufgaben der Fakultät anzusehen sind, vor. Sollte er gewählt werden, soll dies gleichzeitig als Aufforderung an das Dekanat verstanden werden, dem Ex-o-Rep eine stabile Finanzierung zu verpassen und im SVB mehr Raum zu lassen für Projekte, die dem Kern des SVB mehr entsprechen. Wir empfehlen daher die Wahl des Vorschlags “Kern des SVB”.
Arbeitskreis kritischer Jurist*innen Freiburg, 17.07.2023