Gemeinsame Pressemitteilung mit dem Komitee für Grundrechte und Demokratie zur Demonstration am 13.12.2008 in Freiburg.
Für den 13.12.2008 ist eine nicht angemeldete Demonstration in der Freiburger Innenstadt gegen das neue Landesversammlungsgesetz angekündigt worden. Dazu nehmen der akj Freiburg und das Komitee für Grundrechte und Demokratie Stellung.
Landesregierung gefährdet Versammlungsfreiheit
Der von der Landesregierung verabschiedete Entwurf für ein Landesversammlungsgesetz dient nicht dem Schutz eines unentbehrlichen und grundlegenden Funktionselements eines demokratischen Gemeinwesens, sondern dem schleichenden Abbau der Versammlungsfreiheit. Diese ist grundrechtlich geschützt: “Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln”, lautet Artikel 8 Abs. 1 des Grundgesetzes.
“Die Landesregierung geht mit diesem Gesetzentwurf an die Grenzen des verfassungsrechtlich gerade noch Zulässigen und darüber hinaus”, so Johannes Schäuble vom Freiburger akj. “Dieses Gesetz dient nicht dem Schutz von Versammlungen, sondern stellt ein Instrument zur staatlichen Kontrolle von Versammlungen dar. Damit wird ein demokratisches Grundrecht in folgenreicher Weise eingeschränkt”, ergänzt Prof. Dr. Albert Scherr vom Komitee für Grundrechte und Demokratie.
Kernpunkte des neuen Gesetzes sollen ein Vorbehalt für “gleichrangige” Rechte Dritter, ein sog. “Militanzverbot”, eine massive Ausweitung der Überwachungsbefugnisse der Polizei sowie eine empfindliche Erhöhung der straf- und ordnungswidrigkeitenrechtlichen Sanktionen sein (die Bußgeldandrohung wird versechsfacht).
Die Versammlungsfreiheit ist aber kein “Recht wie jedes andere”, das beliebig beispielsweise aufgrund der wirtschaftlichen Interessen von GeschäftsinhaberInnen in der Innenstadt eingeschränkt werden kann, wie auch das Freiburger Verwaltungsgericht im November letzten Jahres gegenüber dem Amt für öffentliche Ordnung der Stadt Freiburg feststellte. Dieses aber hatte solche Interessen zunächst als “gleichrangig” anerkennen wollen, mit der ausdrücklichen Erwähnung “gleichrangiger Rechte Dritter” als Einschränkungsgrund im neuen Landesversammlungsgesetz steht ein solcher Gesetzesvollzug noch häufiger zu befürchten.
Das “Militanzverbot” dient in seiner Unbestimmtheit mitnichten nur dem Vorgehen gegen “rechtsextreme” Demonstrationen, sondern kann beinahe beliebig gegen unorthodox auftretende Demonstrationen gewandt werden. Selbst gewerkschaftliche Streikposten könnten mit dieser Regelung als einschüchternd gewertet werden.
Schließlich schrecken sowohl die massiven Überwachungsbefugnisse der Polizei (die die bestehende, weitgehend rechtswidrige Praxis wohl “legalisieren” sollen) als auch die empfindlichen Straf- und Bußgeldandrohungen davon ab, Versammlungen durchzuführen, anzumelden oder an ihnen teilzunehmen. Schon ein Verstoß gegen die ebenfalls ausgeweiteten Auskunftspflichten des Veranstalter einer Demonstration kann zu Bußgeldern von bis zu 3.000 € führen.
Mit Blick auf die für den 13.12. angekündigte Demonstration gegen das neue Versammlungsgesetz möchten wir häufigen Missverständnissen entgegentreten: Weder ist die Teilnahme an einer nicht angemeldeten Versammlung illegal, noch kann eine Demonstration allein aus dem Grund ihrer Nichtanmeldung verboten oder aufgelöst werden. Auch ist es rechtlich keineswegs so, dass der ungestörte Weihnachtseinkauf (bzw. -verkauf) in der Freiburger Fußgängerzone oder die Einhaltung des ÖPNV-Fahrplans der Versammlungsfreiheit vorgingen. Wie das Bundesverfassungsgericht im Brokdorf-Beschluss betont, “rechtfertigt keinesfalls jedes beliebige Interesse eine Einschränkung dieses Freiheitsrechts; Belästigungen, die sich zwangsläufig aus der Massenhaftigkeit der Grundrechtsausübung ergeben und sich ohne Nachteile für den Veranstaltungszweck nicht vermeiden lassen, werden Dritte im allgemeinen ertragen müssen.”