Stellungnahme zur Situation der wohnungslosen Menschen vor dem KG II
Seit geraumer Zeit gibt es Diskussionen um die Nutzung des Platzes der Alten Synagoge durch Wohnungslose und andere sich dort regelmäßig aufhaltende Menschen. Dabei geht es vor allem um Lärm und störende Gerüche. Studierende berichten zudem von verbalen Belästigungen. Das Dekanat der juristischen Fakultät plant nun, in Verhandlungen mit der Stadt zu treten, um eine Vertreibung der Wohnungslosen zu erreichen. Dazu wurde bereits Kontakt mit dem Rektorat aufgenommen und gezielt nach negativen Erfahrungen von Studierenden geforscht. Der akj Freiburg möchte in der immer wiederkehrenden Diskussion einige bisher vernachlässigte Punkte hervorheben.
- Wohnungslose Menschen haben ebenso wie alle Menschen ein Recht darauf, im öffentlichen Raum zu leben und sich dort aufzuhalten.
- Fakultät und Studierende schätzen die zentrale Lage der Universität Freiburg. Wer die Vorteile einer solchen Innenstadtlage genießen möchte, kann keine absolute Ruhe und Ungestörtheit für sich in Anspruch nehmen. Die Universität als Ort des offenen Diskurses und auch der Konfrontation muss diese Situation aushalten.
- Der „Konflikt“ muss in den Kontext der Randgruppenpolitik der Stadt gestellt werden, die seit Jahren eine Vertreibung und Ausgrenzung von Wohnungslosen, AlkoholikerInnen, BettlerInnen und Punks forciert.
- Eine Vertreibung von Wohnungslosen verlagert die Konfliktsituation statt sie zu lösen. Ein Vorgehen nach dem Prinzip „aus den Augen, aus dem Sinn“ ist der juristischen Fakultät wie der Universität nicht würdig.
- Es ist verkürzt von „den Obdachlosen“ zu sprechen. Diese stellen keine homogene Gruppe mit einheitlichen Eigenschaften und Verhaltensweisen dar. Das Verhalten einzelner Personen kann nicht einer wie auch immer definierten Gruppe zugerechnet werden. Besonders kritisieren wir hierbei die tendenziöse Art des Dekanats, sich der Thematik dadurch zu nähern, dass man gezielt nach negativen Erfahrungen forscht.
- Außerdem muss anerkannt werden, dass ein Großteil der Belästigungen nicht von den wenigen dort dauerhaft lebenden Menschen ausgeht: Vielmehr mischen sich hier Studierende mit DemonstrantInnen, AktivistInnen, MusikerInnen, VeranstaltungsteilnehmerInnen, Punks und Wohnungslosen.
- Die Studierenden sollten auch in die Verantwortung genommen werden: Sie haben eine aktive Rolle, können Konflikte entschärfen oder provozieren. Insbesondere die Eier- und Wasserbombenwürfe aus dem juristischen Seminar sind absolut inakzeptabel und menschenverachtend.
Aus diesen Gründen fordern wir das Dekanat dazu auf, die Vertreibungspolitik einzustellen!
Letztlich appellieren wir an alle NutzerInnen des Platzes der Alten Synagoge, insbesondere an die Fakultät, das Rektorat, die Stadt, die BürgerInnen und nicht zuletzt die Studierenden, durch gegenseitige Rücksichtnahme und Toleranz eine gemeinsame Nutzung des Platzes möglich zu machen.
akj Freiburg, 29.11.2012