Im Wintersemester 2016/2017 veranstalten wir eine Vortragsreihe mit dem Titel “Recht und Faschismus”.
Den Auftakt macht am 9. November um 20 Uhr in Hörsaal 1199 (Kollegiengebäude I) Ralf Oberndörfer, Rechtshistoriker und Jurist, mit einem Vortrag zum Thema
Verdrängung, Verjährung, Verfolgung – Die Ahndung von NS-Verbrechen in beiden deutschen Staaten im Kalten Krieg
Abstract
Die historische Aufarbeitung und Erforschung des NS-Regimes wurde wesentlich geprägt von den Strafprozessen gegen die Akteure des Regimes und den Versuchen, derartige Prozesse zu verhindern. Die Bemühungen waren keineswegs geradlinig, sondern waren geprägt von widersprüchlichen Interessen und sich verändernden Rahmenbedingungen. Nach einer Phase erhöhter Prozessdichte ordneten die Alliierten in Ost und West das Strafverfolgungsinteresse den strategischen Interessen des Kalten Krieges unter und sahen in beiden deutschen Staaten Bündnispartner bzw. Bollwerke gegen Kapitalismus oder Kommunismus.
BRD und DDR schoben sich Ursachen und Kontinuitäten des NS-Regimes gegenseitig zu und übten sich in Halbherzigkeiten und Beschweigen. Von den späten fünfziger Jahren bis in die achtziger Jahre waren NS-Prozesse vor allem der Versuch, im Systemkonflikt die eigene moralische Überlegenheit als eigentliche und einzige Demokratie zu beweisen. Das Aufklärungsinteresse stand hintan und wurde in der BRD durch die alten NS-Justizeliten, in der DDR durch das Entlastungsparadigma des Antifaschismus behindert.
Der Referent: Ralf Oberndörfer ist Volljurist und arbeitet als freiberuflicher Rechtshistoriker in Berlin (HISTOX – Institut für Geschichtsarbeit). Er ist seit 2015 Vorsitzender des Forum Justizgeschichte e.V. Er unterrichtet Rechtsreferendar_innen als Dozent für das Kammergericht und Polizeianwärter_innen an der FH der Polizei des Landes Brandenburg. Für die israelische Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem war er jahrelang als Rechercheur in verschiedenen Archiven tätig.
Weitere Veranstaltungen in der Reihe
Mittwoch, 18. Januar 2017, HS 2408: Diskussion mit Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Michael Stolleis “Nationalsozialistisches Recht”
Mittwoch, 25. Januar 2017, HS 1199: Vortrag von Dr. Adam Bodnar “Protection of human rights in times of constitutional crisis in Poland”
Mittwoch, 1. Februar 2017, HS 2408: Diskussionsbeitrag von Henriette Freudenberg “Möglichkeiten und Grenzen der strafrechtlichen Ahndung von staatlichem Unrecht ausgehend von dem Beispiel der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg”
Donnerstag, 9. Februar 2017, HS 1098: Vortrag von Maximilian Pichl “Staatsgeheimnisse: Die Grenzen der rechtsstaatlichen Aufklärung im NSU-Komplex”
Flyer
Dank
Wir danken dem Fachbereich Jura herzlich für die finanzielle Unterstützung der Vortragsreihe.